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Harry Potter und die Kammer des Schreckens - Rowling Joanne Kathleen - Страница 64


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Er hob Rons zauberbandgeflickten Stab hoch uber den Kopf und rief»Amnesia!«.

Der Zauberstab explodierte mit der Sprengkraft einer kleinen Bombe. Harry schlang die Arme um den Kopf und rannte los, stolperte uber die Reste der Schlangenhaut und versuchte den gro?en Stucken Tunneldecke auszuweichen, die auf den Boden donnerten. Einen Augenblick spater war er allein und starrte auf eine undurchdringliche Wand aus herabgesturzten Felsstucken.

»Ron!«, rief er,»bist du okay? Ron!«

»Ich bin hier«, ertonte eine gedampfte Stimme hinter dem Felseinbruch.»Ich bin okay – der Aufschneider allerdings nicht – der Zauberstab hat ihn umgerissen -«

Es gab einen dumpfen Schlag und ein lautes»Au!«. Es horte sich an, als hatte Ron Lockhart soeben gegen das Schienbein getreten.

»Was jetzt?«, ertonte Rons verzweifelt klingende Stimme.»Wir kommen hier nicht durch – das dauert eine Ewigkeit…«

Harry sah zur Tunneldecke empor. Gewaltige Risse waren jetzt zu sehen. Er hatte noch nie versucht, etwas so Riesiges wie diese Felsen entzweizuzaubern, und dies schien nicht der richtige Moment, um es zu probieren – was, wenn der Tunnel einbrach?

Hinter den Felsen horte er einen weiteren Schlag und abermals ein»Au!«. Sie verschwendeten ihre Zeit. Ginny war jetzt schon einige Stunden in der Kammer des Schreckens… Harry wu?te, da? er nur eins tun konnte.

»Warte dort«, rief er Ron zu.»Warte mit Lockhart. Ich geh weiter… wenn ich in einer Stunde nicht zuruck bin…«

Eine sehr gespannte Pause trat ein.

»Ich probier ein paar dieser Felsen wegzuschieben«, antwortete Ron, der offenbar versuchte seine Stimme ruhig klingen zu lassen.»So da? du – zuruckkannst. Und, Harry -«

»Wir sehen uns gleich«, sagte Harry und packte so viel Zuversicht in seine zitternde Stimme wie nur moglich.

Dann machte er sich an der riesigen Schlangenhaut vorbei allein auf den Weg.

Bald horte er nur noch von fern, wie Ron versuchte die Felsen wegzuschieben, und dann war es still. In endlosen Biegungen wand sich der Tunnel fort. jeder Nerv in Harrys Korper vibrierte unangenehm. Er wunschte, der Tunnel ware zu Ende, doch ihm graute davor, was er dann finden wurde. Und dann, endlich, als er um eine Biegung schlich, sah er vor sich eine Wand, in die zwei ineinander geflochtene Schlangen eingemei?elt waren. Ihre Augen waren gro?e schimmernde Smaragde.

Mit ausgetrockneter Kehle trat Harry naher. Es war nicht notig, sich einzubilden, da? diese steinernen Schlangen echt waren, denn ihre Augen sahen unheimlich lebendig aus.

Er ahnte, was er zu tun hatte. Er rausperte sich und die Smaragdaugen schienen aufzuflackern.

»Offnet!«sagte Harry mit einem tiefen, schwachen Zischen.

Die Schlangen entflochten sich und in der Wand tat sich ein Spalt auf Die beiden Wandhalften glitten sanft zur Seite und Harry; von Kopf bis Fu? zitternd, trat ein.

Der Erbe Slytherins

Er stand am Ende einer sehr langen, schwach beleuchteten Kammer. Machtige Saulen, auch sie umrankt von steinernen Schlangen, ragten empor zur Decke, die im Dunkeln lag. Die Saulen warfen lange schwarze Schatten durch das seltsam grunliche Dammerlicht, das den Raum erfullte.

Reglos und mit immer noch rasendem Herzen stand Harry da und lauschte in die kalte Stille hinein. Konnte der Basilisk in einer Ecke lauern, hinter einer Saule? Wo war Ginny?

Er zuckte den Zauberstab und ging zwischen den Schlangensaulen hindurch nach vorn. jeder vorsichtige Tritt hallte von den Wanden wider. Er hatte die Augen zu Schlitzen verengt, bereit, sie bei der kleinsten Bewegung fest zu schlie?en. Die leeren Augenhohlen der Steinschlangen schienen ihm zu folgen und es war ihm, als wurden sie sich regen. Sein Magen krampfte sich zusammen.

Dann trat er zwischen das letzte Saulenpaar. Vor ihm, an der Ruckwand, ragte eine Statue auf, die so hoch war wie die Kammer selbst.

Harry verrenkte sich den Hals, um das riesenhafte Gesicht sehen zu konnen: es war das alte, affenartige Gesicht eines Zauberers mit langem schmalem Bart, der fast bis zum Saum seines wogenden Steinumhangs herabfiel. Zwei gewaltige graue Fu?e standen auf dem glatten Kammerboden. Und zwischen den Fu?en, mit dem Gesicht nach unten, lag eine kleine Gestalt mit schwarzem Umhang und flammend rotem Haar.

»Ginny!«, flusterte Harry. Mit einem Sprung war er bei ihr und fiel auf die Knie.»Ginny, sei nicht tot, bitte, sei nicht tot -«Er warf den Zauberstab zur Seite, packte Ginny an der Schulter und drehte sie um. Ihr Gesicht war wei? wie Marmor, und ebenso kalt doch ihre Augen waren geschlossen – also war sie nicht versteinert. Doch dann mu?te sie -

»Ginny, bitte wach auf«, flusterte Harry verzweifelt und schuttelte sie. Ginnys Kopf kullerte hoffnungslos hin und her.

»Sie wird nicht aufwachen«, sagte eine leise Stimme.

Harry schrak zusammen und rutschte auf den Knien herum.

Ein gro?er, schwarzhaariger Junge stand gegen die nachste Saule gelehnt und musterte ihn. Seine Umrisse waren merkwurdig verschwommen, als ob Harry ihn durch ein beschlagenes Fenster sehen wurde. Aber es gab keinen Zweifel -

»Tom – Tom Riddle?«

Riddle nickte, ohne die Augen von Harrys Gesicht zu wenden.

»Was meinst du damit, sie wird nicht aufwachen?«, fragte Harry verzweifelt.»Sie ist nicht… sie ist doch nicht…?«

»Sie lebt noch«, sagte Riddle.»Gerade noch.«

Harry starrte ihn an. Tom Riddle war vor funfzig Jahren in Hogwarts gewesen, doch da stand er, ein unheimliches, nebliges Licht um sich ausbreitend, keinen Tag alter als sechzehn.

»Bist du ein Geist?«, fragte Harry unsicher.

»Eine Erinnerung«, sagte Riddle leise.»Funfzig Jahre lang in einem Tagebuch aufbewahrt.«

Er deutete auf den Boden neben die Riesenzehen der Statue. Dort lag aufgeschlagen der kleine schwarze Taschenkalender, den Harry im Klo der Maulenden Myrte gefunden hatte. Einen Moment lang fragte sich Harry, wie es hierher gekommen war – doch es gab Dringlicheres zu tun.

»Du mu?t mir helfen, Tom«, sagte Harry und hob aber mals Ginnys Kopf,»Wir mussen sie hier rausbringen. Da ist ein Basilisk… ich wei? nicht, wo er steckt, aber er konnte jeden Augenblick kommen… bitte, hilf mir -«

Riddle ruhrte sich nicht. Harry, dem der Schwei? ausbrach, schaffte es, Ginny hochzuheben, und er beugte sich noch einmal zu Boden, um den Zauberstab aufzuheben.

Doch der Zauberstab war verschwunden.

»Hast du meinen -?«

Er sah auf Riddle sah ihn immer noch an – und mit seinen langen Fingern lie? er Harrys Zauberstab im Kreise wirbeln.

»Danke«, sagte Harry und streckte die Hand nach dem Zauberstab aus.

Ein Lacheln krauselte Riddles Mundwinkel. Er sah Harry ungeruhrt an und lie? den Zauberstab gelassen weiterkreisen.

»Hor zu«, sagte Harry unwirsch und seine Knie knickten unter der leblosen Last Ginnys ein.»Wir mussen hier raus! Wenn der Basilisk kommt -«

»Er kommt erst, wenn er gerufen wird«, sagte Riddle leise.

Harry konnte Ginny nicht mehr halten und lie? sie wieder zu Boden gleiten.

»Was meinst du damit?«, sagte er.»Gib mir meinen Zauberstab, ich brauch ihn womoglich -«

Riddle verzog lachelnd die Mundwinkel.

»Du wirst ihn nicht brauchen«, sagte er.

Harry starrte ihn an.

»Was meinst du, ich werd ihn nicht -?«

»Ich habe lange auf diese Stunde gewartet, Harry Potter«, sagte Riddle.»Auf die Gelegenheit, dich zu treffen. Mit dir zu sprechen.«

Harry verlor die Geduld.»Hor mal«, sagte er,»ich glaub, du kapierst es nicht. Wir sind in der Kammer des Schreckens. Unterhalten konnen wir uns spater -«

»Wir reden jetzt«, sagte Riddle immer noch breit lachelnd und steckte Harrys Zauberstab in die Tasche.

Harry starrte ihn an. Etwas sehr Merkwurdiges ging hier vor…

»Was ist mit Ginny passiert?«, fragte er langsam.

»Nun, das ist eine interessante Frage«, sagte Riddle vergnugt.»Und eine ziemlich lange Geschichte. Ich denke, der eigentliche Grund, warum Ginny hier liegt, ist, da? sie ihr Herz ausgeschuttet und all ihre Geheimnisse einem unsichtbaren Fremden verraten hat.«

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