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Iphigenie auf Tauris - Goethe Johann Wolfgang - Страница 13


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Auf einen Augenblick entferne; noch

Verspricht er auf den Fall, den er nicht hofft:

Dann fuhlt er erst die Hohe seiner Wurde,

Wenn er den Harrenden beglucken kann.

Thoas:

Unwillig, wie sich Feuer gegen Wasser

Im Kampfe wehrt und gischend seinen Feind

Zu tilgen sucht, so wehret sich der Zorn

In meinem Busen gegen deine Worte.

Iphigenie:

O la? die Gnade wie das heil'ge Licht

Der stillen Opferflamme mir, umkranzt

Von Lobgesang und Dank und Freude, lodern.

Thoas:

Wie oft besanftigte mich diese Stimme!

Iphigenie:

O reiche mir die Hand zum Friedenszeichen!

Thoas:

Du forderst viel in einer kurzen Zeit.

Iphigenie:

Um Guts zu tun, braucht's keiner Uberlegung.

Thoas:

Sehr viel! denn auch dem Guten folgt das Ubel.

Iphigenie:

Der Zweifel ist's, der Gutes bose macht.

Bedenke nicht; gewahre, wie du's fuhlst.

Vierter Auftritt

Orest, gewaffnet. Die Vorigen.

Orest nach der Szene gekehrt:

Verdoppelt eure Krafte! Haltet sie

Zuruck! Nur wenig Augenblicke! Weicht

Der Menge nicht und deckt den Weg zum Schiffe

Mir und der Schwester!

Zu Iphigenien, ohne den Konig zu sehen:

Komm, wir sind verraten.

Geringer Raum bleibt uns zur Flucht. Geschwind!

Er erblickt den Konig.

Thoas nach dem Schwerte greifend:

In meiner Gegenwart fuhrt ungestraft

Kein Mann das nackte Schwert.

Iphigenie:

Entheiliget

Der Gottin Wohnung nicht durch Wut und Mord!

Gebietet eurem Volke Stillstand, horet

Die Priesterin, die Schwester!

Orest:

Sage mir!

Wer ist es, der uns droht?

Iphigenie:

Verehr in ihm

Den Konig, der mein zweiter Vater ward!

Verzeih mir, Bruder! doch mein kindlich Herz

Hat unser ganz Geschick in seine Hand

Gelegt. Gestanden hab ich euern Anschlag

Und meine Seele vom Verrat gerettet.

Orest:

Will er die Ruckkehr friedlich uns gewahren?

Iphigenie:

Dein blinkend Schwert verbietet mir die Antwort.

Orest, der das Schwert einsteckt:

So sprich! Du siehst, ich horche deinen Worten.

Funfter Auftritt

Die Vorigen. Pylades. Bald nach ihm Arkas. Beide mit blo?en Schwertern.

Pylades:

Verweilet nicht! Die letzten Krafte raffen

Die Unsrigen zusammen; weichend werden

Sie nach der See langsam zuruckgedrangt.

Welch ein Gesprach der Fursten find ich hier!

Dies ist des Koniges verehrtes Haupt!

Arkas:

Gelassen, wie es dir, o Konig, ziemt,

Stehst du den Feinden gegenuber. Gleich

Ist die Verwegenheit bestraft; es weicht

Und fallt ihr Anhang, und ihr Schiff ist unser.

Ein Wort von dir, so steht's in Flammen.

Thoas:

Geh!

Gebiete Stillstand meinem Volke! Keiner

Beschadige den Feind, solang wir reden.

Arkas ab.

Orest:

Ich nehm es an. Geh, sammle, treuer Freund,

Den Rest des Volkes; harret still, welch Ende

Die Gotter unsern Taten zubereiten

Pylades ab.

Sechster Auftritt

Iphigenie. Thoas. Orest.

Iphigenie:

Befreit von Sorge mich, eh ihr zu sprechen

Beginnet. Ich befurchte bosen Zwist,

Wenn du, o Konig, nicht der Billigkeit

Gelinde Stimme horest; du, mein Bruder,

Der raschen Jugend nicht gebieten willst.

Thoas:

Ich halte meinen Zorn, wie es dem Altern

Geziemt, zuruck. Antworte mir! Womit

Bezeugst du, da? du Agamemnons Sohn

Und dieser Bruder bist?

Orest:

Hier ist das Schwert,

Mit dem er Trojas tapfre Manner schlug.

Dies nahm ich seinem Morder ab und bat

Die Himmlischen, den Mut und Arm, das Gluck

Des gro?en Koniges mir zu verleihn

Und einen schonern Tod mir zu gewahren.

Wahl einen aus den Edeln deines Heers

Und stelle mir den Besten gegenuber!

So weit die Erde Heldensohne nahrt,

Ist keinem Fremdling dies Gesuch verweigert.

Thoas:

Dies Vorrecht hat die alte Sitte nie

Dem Fremden hier gestattet.

Orest:

So beginne

Die neue Sitte denn von dir und mir!

Nachahmend heiliget ein ganzes Volk

Die edle Tat der Herrscher zum Gesetz.

Und la? mich nicht allein fur unsre Freiheit,

La? mich, den Fremden, fur die Fremden kampfen!

Fall ich, so ist ihr Urteil mit dem meinen

Gesprochen; aber gonnet mir das Gluck

Zu uberwinden, so betrete nie

Ein Mann dies Ufer, dem der schnelle Blick

Hulfreicher Liebe nicht begegnet, und

Getrostet scheide jeglicher hinweg!

Thoas:

Nicht unwert scheinest du, o Jungling, mir

Der Ahnherrn, deren du dich ruhmst, zu sein.

Gro? ist die Zahl der edeln, tapfern Manner,

Die mich begleiten; dich ich stehe selbst

In meinen Jahren noch dem Feinde, bin

Bereit, mit dir der Waffen Los zu wagen.

Iphigenie:

Mitnichten! Dieses blutigen Beweises

Bedarf es nicht, o Konig! La?t die Hand

Vom Schwerte! Denkt an mich und mein Geschick.

Der rasche Kampf verewigt einen Mann:

Er falle gleich, so preiset ihn das Lied.

Allein die Tranen, die unendlichen,

Der uberbliebnen, der verla?nen Frau

Zahlt keine Nachwelt, und der Dichter schweigt

Von tausend durchgeweinten Tag' und Nachten,

Wo eine stille Seele den verlornen,

Rasch abgeschiednen Freund vergebens sich

Zuruckzurufen bangt und sich verzehrt.

Mich selbst hat eine Sorge gleich gewarnt,

Da? der Betrug nicht eines Raubers mich

Vom sichern Schutzort rei?e, mich der Knechtschaft

Verrate. Flei?ig hab ich sie befragt,

Nach jedem Umstand mich erkundigt, Zeichen

Gefordert, und gewi? ist nun mein Herz.

Sieh hier an seiner rechten Hand das Mal

Wie von drei Sternen, das am Tage schon,

Da er geboren ward, sich zeigte, das

Auf schwere Tat, mit dieser Faust zu uben,

Der Priester deutete. Dann uberzeugt

Mich doppelt diese Schramme, die ihm hier

Die Augenbraune spaltet. Als ein Kind

Lie? ihn Elektra, rasch und unvorsichtig

Nach ihrer Art, aus ihren Armen sturzen.

Er schlug auf einen Dreifu? auf — Er ist's —

Soll ich dir noch die Ahnlichkeit des Vaters,

Soll ich das innre Jauchzen meines Herzens

Dir auch als Zeugen der Versichrung nennen?

Thoas:

Und hube deine Rede jeden Zweifel

Und bandigt ich den Zorn in meiner Brust.

So wurden doch die Waffen zwischen uns

Entscheiden mussen; Frieden seh ich nicht.

Sie sind gekommen, du bekennest selbst,

Das heil'ge Bild der Gottin mir zu rauben.

Glaubt ihr, ich sehe dies gelassen an?

Der Grieche wendet oft sein lustern Auge

Den fernen Schatzen der Barbaren zu,

Dem goldnen Felle, Pferden, schonen Tochtern;

Doch fuhrte sie Gewalt und List nicht immer

Mit den erlangten Gutern glucklich heim.

Orest:

Das Bild, o Konig, soll uns nicht entzweien!

Jetzt kennen wir den Irrtum, den ein Gott

Wie einen Schleier um das Haupt uns legte,

Da er den Weg hierher uns wandern hie?.

Um Rat und um Befreiung bat ich ihn

Von dem Geleit der Furien; er sprach:

«Bringst du die Schwester, die an Tauris' Ufer

Im Heiligtume wider Willen bleibt,

Nach Griechenland, so loset sich der Fluch.»

Wir legten's von Apollens Schwester aus,

Und er gedachte dich! Die strengen Bande

Sind nun gelost; du bist den Deinen wieder,

Du Heilige, geschenkt. Von dir beruhrt,

War ich geheilt; in deinen Armen fa?te

Das Ubel mich mit allen seinen Klauen

Zum letztenmal und schuttelte das Mark

Entsetzlich mir zusammen; dann entfloh's

Wie eine Schlange zu der Hohle. Neu

Genie? ich nun durch dich das weite Licht

Des Tages. Schon und herrlich zeigt sich mir

Der Gottin Rat. Gleich einem heil'gen Bilde,

Daran der Stadt unwandelbar Geschick

Durch ein geheimes Gotterwort gebannt ist,

Nahm sie dich weg, dich Schutzerin des Hauses;

Bewahrte dich in einer heil'gen Stille

Zum Segen deines Bruders und der Deinen.

Da alle Rettung auf der weiten Erde

Verloren schien, gibst du uns alles wieder.

La? deine Seele sich zum Frieden wenden,

O Konig! Hindre nicht, da? sie die Weihe

Des vaterlichen Hauses nun vollbringe,

Mich der entsuhnten Halle wiedergebe,

Mir auf das Haupt die alte Krone drucke!

Vergilt den Segen, den sie dir gebracht,

Und la? des nahern Rechtes mich genie?en!

Gewalt und List, der Manner hochster Ruhm,

Wird durch die Wahrheit dieser hohen Seele

Beschamt, und reines, kindliches Vertrauen

Zu einem edeln Manne wird belohnt.

Iphigenie:

Denk an dein Wort, und la? durch diese Rede

Aus einem graden, treuen Munde dich

Bewegen! Sieh uns an! Du hast nicht oft

Zu solcher edeln Tat Gelegenheit.

Versagen kannst du's nicht; gewahr es bald!

Thoas:

So geht!

Iphigenie:

Nicht so, mein Konig! Ohne Segen,

In Widerwillen scheid ich nicht von dir.

Verbann uns nicht! Ein freundlich Gastrecht walte

Von dir zu uns: so sind wir nicht auf ewig

Getrennt und abgeschieden. Wert und teuer,

Wie mir mein Vater war, so bist du's mir,

Und dieser Eindruck bleibt in meiner Seele.

Bringt der Geringste deines Volkes je

Den Ton der Stimme mir ins Ohr zuruck,

Den ich an euch gewohnt zu horen bin,

Und seh ich an dem Armsten eure Tracht:

Empfangen will ich ihn wie einen Gott,

Ich will ihm selbst ein Lager zubereiten,

Auf einen Stuhl ihn an das Feuer laden

Und nur nach dir und deinem Schicksal fragen.

O geben dir die Gotter deiner Taten

Und deiner Milde wohlverdienten Lohn!

Leb wohl! O wende dich zu uns und gib

Ein holdes Wort des Abschieds mir zuruck!

Dann schwellt der Wind die Segel sanfter an,

Und Tranen flie?en lindernder vom Auge

Des Scheidenden. Leb wohl! und reiche mir

Zum Pfand der alten Freundschaft deine Rechte.

Thoas:

Lebt wohl!

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