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Eine letzte Breitseite: Kommodore Bolitho im ostlichen Mittelmeer - Kent Alexander - Страница 48


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Die Kommandanten des Geschwaders standen um den Tisch und sahen ihm zu. Jeder war mit seinen eigenen Gedanken beschaftigt, und alle schienen erschopft von der Wut des Sturmes und vom Kampf ums Uberleben.

In dem ganzen, weit auseinandergetriebenen Geschwader hatte es siebzehn Tote gegeben. Vom Mast gesturzt, uber Bord gewaschen. Manche waren auch nur unbemerkt verschwunden, als seien sie nie an Bord gewesen.

Es war Nachmittag, die Schiffe segelten wieder in lockerer Formation, und Bolitho hatte alle Kommandanten zur Lagebesprechung beordert.

Er blickte in Javals dunkles Gesicht. Was er berichtet hatte, war zu erwarten gewesen, und doch hatte Bolitho bis zum letzten Moment noch Hoffnung gehabt. Aber kurz nach Sonnenaufgang war die Buzzard in Sicht gekommen und hatte sogleich signalisiert: die Franzosen waren ausgelaufen. Ein Dutzend Schiffe, vielleicht mehr, waren mit dem steifen Nordwest unter ihren Rockscho?en losgesegelt; Javal und seine Manner hatten alle Hande voll zu tun gehabt, den Feind auch nur in Sicht zu behalten. Der franzosische Befehlshaber hatte sogar mit derartigen Komplikationen gerechnet: zwei Fregatten kamen mit dem Sturm auf Javal zu, schossen ihm ein paar Kugeln in die Takelage und verschwanden dann wieder zu ihrem Geleit.

Fur einen Kampfer wie Javal mu?te das furchtbar gewesen sein. Mit seinem zerschossenen Rigg und bei dem jede Minute starker werdenden Sturm hatte er nur zusehen konnen, wie die Franzosen entwischten. Er hatte versucht, durch Signalschusse und Raketen mit dem Geschwader Verbindung zu bekommen, aber da Gilchrist zu lange gewartet hatte und die Linienschiffe immer noch auf ihrem vorbestimmten Kurs blieben, war sogar dieser Kontakt unmoglich.

Nachdenklich sagte Bolitho:

«Der Admiral mu?te inzwischen die Depeschen der Harebell erhalten haben. Er mu? annehmen, da? wir imstande sind, Toulon zu uberwachen oder mindestens alle Fahrzeuge zu beschatten, die herauskommen.»

Oben an Deck horte er das Stampfen der exerzierenden Marine-Infanteristen, vermischt mit Hammer- und Axtschlagen, denn die Leute des Zimmermanns waren flei?ig dabei, die Sturmschaden auszubessern.

Er sah zu Herrick hinuber. Was mochte der wohl denken?

Probyn war pessimistisch.»Jetzt, da die Franzosen sich Ihrer, ah, Uberwachung entzogen haben, sind wir alle einigerma?en im Zweifel uber die Lage. Vielleicht haben wir zu viel auf Horensagen, auf Geruchte, gegeben. Wer wei?, wo diese franzosischen Schiffe jetzt sein mogen?«Langsam sah er sich am Tisch um.»Ganz abgesehen davon — was konnen wir schon ohne Informationen erreichen?»

Bolitho sah ihn unbewegt an. Probyn hatte vorsichtigerweise immer» wir «gesagt. Aber er meinte» Sie».

Javal zuckte die Achseln und gahnte.»Ich konnte mich vom Geschwader losen, Sir. Vielleicht finde ich ein paar von den Franzosen, wenn nicht sogar alle. Schlie?lich mussen auch sie bei diesem Sturm Schwierigkeiten gehabt haben.»

Gespannt blickten alle Kommandanten auf Bolitho. Manche wurden, so glaubte er jedenfalls, sein Dilemma verstehen, vielleicht auch teilen.

Schickte er die Buzzard los, so hatte er keine» Augen«. Fur die Zweidecker und das Prisenschiff reduzierte sich die Sichtweite auf das, was der beste Ausguck erkennen konnte. Au?erdem waren die

Linienschiffe zu langsam und zu wenig beweglich fur Rekognoszierungsaufgaben. Somit konnte er auf seine einzige Fregatte nicht verzichten.

«Naturlich«, sprach Probyn weiter,»konnten wir nach Gibraltar zurucksegeln, Sir. Ware vielleicht besser, wir verstarken mit unserer Kampfkraft eine Flotte, die dort moglicherweise zusammengestellt wird, als da? wir hier blindlings und zwecklos herumstreifen.»

Jetzt sprach Herrick zum erstenmal.»Das ware ein Eingestandnis unseres Mi?erfolges! Und meiner Ansicht nach eine falsche Entscheidung!«Er sah Bolitho fest in die Augen.»Wir wissen, wie Ihnen zumute sein mu?, Sir.»

«Wirklich teuflisches Pech«, fuhr Farquhar dazwischen.

«Nicht nur das«, sagte Javal und sah Bolitho mit kuhler Neugier an.»Es ist auch eine teuflisch schwere Entscheidung — fur Sie, Sir.»

«Ja.»

Bolitho suchte mit den Augen die Karte des Mittelmeeres ab. Alle diese Meilen. Selbst wenn er richtig geraten hatte — und mehr als Raten war es ja nicht, wie Probyn ganz richtig bemerkt hatte — , dann war es immer noch nicht sicher, da? er Kontakt mit dem Feind bekam. In der Nacht oder bei schlechtem Wetter konnten Schiffe aneinander vorbeisegeln, ohne da? eins vom anderen wu?te. Ein ganzes Reich konnte durch eine falsche oder zu hastige Entscheidung verlorengehen.

«Folgendes werden wir tun«, sagte er, und es kam heraus, als hatte er von Anfang an nichts anderes im Sinn gehabt.»Unsere jetzige Position ist, soweit wir sagen konnen, etwa sechzig Meilen westlich der Nordkuste von Korsika. «Er klopfte mit dem Zirkel auf die Karte.»Wir segeln nach Cap Corse. Der Sturm hat uns so weit nach Osten abgetrieben, da? sich eine andere Route nicht mehr lohnt. «Gespannt beugten sie sich uber den Tisch.»Wir machen also we i-ter, und sobald wir Cap Corse gerundet haben, nehmen wir Kurs nach Sudost. «Unbeirrt fuhr der Zirkel die italienische Kustenlinie entlang, immer tiefer.»In Syrakus legen wir an, nehmen Trinkwasser an Bord und bringen die Schwerverwundeten an Land. Die Sizilianer haben vielleicht Informationen fur uns. Sie halten Frieden mit den Franzosen, aber lieben sie nicht besonders.»

Unvermittelt sah er auf.»Die Buzzard segelt dann fruher los als wir, und zwar durch die Stra?e von Messina ostlich um Sizilien herum, und trifft sich mit dem Geschwader vor Malta. Ich werde Ihnen noch genaueres sagen, Captain Javal, wenn wir etwas weiter sind.»

Er sah jedem einzelnen ins Gesicht. Damit hatte er sich festgelegt. Sich und jeden seiner Kommandanten, jeden Mann im Geschwader.

Herrick rausperte sich.»Und dann, Sir?»

Bolitho erwiderte seinen Blick und sah die Sorge, die in seinen Zugen aufstieg.»Dann, Captain Herrick, werden wir wissen, was wir zu erwarten haben.»

Probyn legte die schweren Hande breit auf den Tisch. Sie waren wie rote Krebse.»Wenn wir auch dort wieder keinen Erfolg haben, Sir, dann durfte die Begegnung mit dem Admiral nicht angenehm ausfallen.»

Bolitho musterte ihn kalt.»Ich brauche Unterstutzung, Captain Probyn, kein Mitleid.»

Spruhwasser spritzte gegen die Heckfenster, und er schlo?:»Ich denke, Sie gehen am besten wieder an Bord Ihrer Schiffe. Der Wind frischt auf, wie mir scheint.»

Scharrend stie?en sie die Stuhle zuruck und sahen einander an wie Fremde.

Probyn nahm Hut und Degen und fragte, ohne Bolitho dabei anzusehen:»Ich nehme an, wir bekommen die neuen Order noch schriftlich, Sir?»

«Das durfte doch wohl uberflussig sein!«fuhr Herrick dazwischen.

«Da bin ich anderer Meinung«, sagte Probyn.»Es sollte mir leid tun, wenn ich ausdrucklich darauf bestehen mu?te.«»Sie bekommen sie«, nickte Bolitho.

Farquhar klopfte an die Zwischentur, und als auf dieses Zeichen hin der Turposten erschien, befahl er:»Lassen Sie die Boote rufen! Und der Erste Offizier soll die Ehrenwache antreten lassen!»

«Ubrigens, wie macht sich denn Ihr Erster?«fragte Probyn.

«Einigerma?en«, erwiderte Farquhar kuhl.

«Sie kennen ihn also?«hakte Bolitho ein.

Probyn hustelte verlegen.»Nicht eigentlich, Sir. Eine fluchtige Bekanntschaft, konnte man sagen.»

Die Kommandanten verabschiedeten sich und fuhren auf ihre Schiffe zuruck.

Herrick war der letzte. Ohne Umschweife begann er:»Die Sache mit der Vorbramrah, Sir. Als ich horte, was die Lysander beim Sturm fur Schwierigkeiten hatte, habe ich nachgedacht. Vielleicht ist eine Kugel durch das Rick gegangen, aber die Umhullung hat den Schaden verdeckt. So etwas kommt vor.»

Bolitho lachelte.»Vielleicht. Ihre Schuld war es nicht.»

Herrick blickte sich an Deck um, und Bolitho versuchte, seine Gedanken zu erraten. Bedauern, Besorgnis oder blo?e Neugier?

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