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Zerfetzte Flaggen: Leutnant Richard Bolitho in der Karibik - Kent Alexander - Страница 39


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Trotzdem begriff Bolitho, was Stockdale meinte. Anstatt schlapp in Richtung Land zu hangen, zeigte die Flagge jetzt seewarts zum heller werdenden Horizont. Der Wind hatte uber Nacht um hundertachtzig Grad gedreht, und in der Erregung hatte dies bisher niemand bemerkt.

Leise sagte er:»Die Spite wird nicht einlaufen konnen.»

Probyn fuhr sich nervos mit der Hand uber die Bartstoppeln und meinte:»Er wird auch wieder zuruckdrehen, ganz bestimmt!»

Bolitho wandte sich dem Hang zu, auf dem er und Couzens gestern in der Morgensonne geschmort hatten; sorgfaltig suchte er ihn mit den Augen ab: er wirkte jetzt dunkel und drohend.

«Aber bis dahin sind wir hier die Verteidiger!»

Major Paget stutzte sich auf den schweren Tisch und musterte grimmig seine muden Offiziere.

Sonnenlicht flutete durch die Fenster des Kommandeurszimmers, und durch eine Schie?scharte sah Bolitho Baume und einen kleinen Streifen Strand.

Es war schon Vormittag und noch immer weder Freund noch Feind in Sicht.

Mit dem franzosischen Offizier als Geisel und einer Eskorte Marinesoldaten hatte Probyn sich zum Logger hinuberrudern lassen. Das Schiff war bis unters Deck voll von westindischem Schie?pulver, franzosischen Gewehren, Pistolen und anderem militarischen Gerat.

«Ein wertvoller Fang«, sagte Paget.»Der Feind und Mr. Washington wird ihn schmerzlich vermissen, das kann ich Ihnen versichern, meine Herren. Wenn wir hier angegriffen werden, bevor Hilfe kommt, ist es wahrscheinlich, da? der Feind den Logger samt Ladung in die Luft zu jagen versucht, falls er ihn nicht zuruckerobern kann. Auf alle Falle werde ich verhindern, da? er wieder in Feindeshand fallt.»

Bolitho horte den Marschtritt der Marineinfanteristen und die schroffen Kommandos ihrer Unteroffiziere. Pagets Feststellung war sinnvoll. Fort Exeter mu?te mit allen Waffen und Ausrustungsstuk-ken vernichtet werden, die wahrend der letzten Monate hier gehortet worden waren.

Aber es wurde einige Zeit dauern, alles vorzubereiten; und der Gegenangriff des Feindes konnte nicht lange auf sich warten lassen.

«Ich befehlige dieses Unternehmen. «Paget lie? seinen grimmigen Blick uber die Gesichter schweifen, als erwarte er Widerspruch.»Mir steht es also zu, eine Prisenbesatzung fur den Logger einzuteilen, die ihn unverzuglich nach New York segelt oder sich unterwegs bei einem Schiff seiner Majestat meldet.»

Bolitho versuchte, seine Erregung zu zugeln. Der Logger hatte eine Besatzung von Eingeborenen aus Martinique. Kein Wunder, da? man einen fahigen Mann wie Leutnant Contenay fur solch ein schwieriges Unternehmen ausgesucht hatte; er schien den meisten Offizieren, die Bolitho bisher getroffen hatte, weit uberlegen. Es war eine nicht zu unterschatzende Aufgabe gewesen, den Logger von Martinique durch die Karibische See hierher in diese schlecht vermessenen Gewasser zu segeln.

Selbst mit ihrer gefahrlichen Ladung war die Prise eine angenehme Abwechslung, jedenfalls besser als dies hier. War er einmal in New York, konnte so manches geschehen, bis er wieder in die strenge Autoritat der Trojan zuruckkehren mu?te. Eine Fregatte vielleicht? Zu den jungeren Leuten auf einer Fregatte zu sto?en, ware schon Belohnung genug.

Bolitho glaubte, nicht richtig verstanden zu haben, als Paget fortfuhr:»Mr. Probyn erhalt das Kommando und wird einige Leichtverwundete mitnehmen, die ihm helfen, die Eingeborenencrew in Schach zu halten.»

Bolitho wandte sich in der Erwartung um, Probyn in lauten Protest ausbrechen zu horen, aber dann wurde ihm klar: Warum sollte dieser nicht genauso denken wie er? Er durfte mit der Prise nach New York segeln, sich beim Oberbefehlshaber melden und hoffen, ein besseres Kommando und einen hoheren Rang zu bekommen.

Probyn war so besessen von dieser Idee, da? er bisher keinen Tropfen Wein oder Brandy angeruhrt hatte, nicht einmal, als das Fort schon genommen war. Er war nicht intelligent genug, um uber die neue Prise und sein Einlaufen in Sandy Hook hinauszudenken, war nicht der Mann, der in Erwagung zog, da? andere es sicher seltsam fanden, wenn ein so dienstalter Offizier das Kommando uber ein so kleines Schiff erhielt.

Probyn stand auf; sein Gesicht druckte seine Genugtuung besser aus, als Worte es vermocht hatten.

Paget fuhr fort:»Ich werde die notigen Befehle ausschreiben, au?er wenn — «, dabei blickte er Bolitho an,»Sie vielleicht anderer Meinung sind?»

Probyn reckte sein Kinn vor.»Nein, Sir, so kommt es mir zu.»

Der Major starrte ihn an und knurrte:»Nur, wenn ich es befehle. «Er zuckte mit den Schultern.»Gut, es bleibt also dabei.»

D'Esterre murmelte:»Tut mir leid um die verpa?te Gelegenheit, Dick, aber es freut mich, da? du bei uns bleibst.»

Bolitho versuchte zu lacheln.»Danke, aber ich glaube, der arme George Probyn wird bald wieder auf der Trojan sein. Moglicherweise trifft er ein gro?eres Schiff, dessen Kommandant mit der Ladung anderes vorhat.»

Pagets Augenbrauen zogen sich drohend zusammen.»Wenn Sie fertig sind mit Ihrer Unterhaltung, meine Herren…»

D'Esterre fragte hoflich:»Was geschieht mit dem franzosischen Leutnant, Sir?»

«Er bleibt bei uns. Konteradmiral Coutts will ihn sicher sprechen, bevor dies die Behorden in New York tun. «Er rang sich ein etwas gezwungenes Lacheln ab:»Sie verstehen, was ich meine?«Damit stand der Major auf und klopfte sich ein paar Sandkorner vom Armel.»Bitte weitermachen, meine Herren, und achten Sie darauf, da? die Wachen ihre Pflicht tun.»

Probyn wartete an der Tur auf Bolitho und sagte kurz:»Sie sind jetzt hier der Ranghochste-«, seine Augen glitzerten trotz seiner Mudigkeit — ,»und ich wunsche Ihnen viel Gluck mit diesem Sauhaufen!»

Bolitho betrachtete ihn gelassen. Probyn war nicht viel alter als er selbst, sah aber beinahe so alt aus wie Pears. Er fragte:»Warum diese Bitterkeit?»

Probyn schnaubte.»Ich habe niemals wirklich Gluck gehabt und auch nicht die guten Beziehungen Ihrer Familie. «Zu Bolithos Arger hob er drohend die Faust.»Ich kam aus dem Nichts und mu?te mich mit Zahnen und Klauen hinaufarbeiten! Denken Sie, ich hatte zu Ihren Gunsten verzichtet? Was ist schon ein elender, kleiner, franzosischer Blockadebrecher fur einen alteren Offizier wie mich — das haben Sie doch gedacht, nicht?»

Bolitho seufzte. Probyn war noch vulgarer, als er sich vorgestellt hatte.»Ja, es ging mir durch den Kopf.»

«Als Sparke fiel, kam meine Chance, und ich habe die Absicht, sie in jeder Weise zu nutzen.»

Bolitho blickte weg; es war ihm unmoglich, Probyn in seiner Raserei langer anzusehen.

«Sie konnen hier warten, bis Sie blau sind. Und dann sagen Sie Ihrem bloden Cairns und den anderen Idioten, soweit sie uberhaupt dafur Interesse haben, da? ich nicht mehr auf die Trojan zuruckkehre, oder hochstens besuchsweise. Aber dann als Kommandant meines eigenen Schiffes!»

Er drehte sich abrupt herum und ging. Was Bolitho auch an Mitleid oder wenigstens Verstandnis fur ihn empfunden haben mochte, war verflogen, als er feststellte, da? Probyn nicht einmal die Absicht hatte, noch einmal mit seinen Leuten zu sprechen, bevor er ging, oder die Schwerverwundeten und Sterbenden zu besuchen.

D'Esterre trat zu ihm auf die Brustwehr, und sie beobachteten Probyn, der entschlossen uber den Strand zu einem der beiden Boote ging.

«Hoffentlich bleibt er weiterhin nuchtern, Dick. Mit einem Schiff voller Schie?pulver und einer verangstigten Eingeborenencrew konnte es sonst eine denkwurdige Reise werden!«Er sah, da? sein Sergeant auf ihn wartete, und ging eilig zu ihm.

Bolitho stieg die Leiter hinunter und fand Quinn an einer Wand lehnen. Er sollte die erbeuteten Waffen und Pulverfasser inspizieren, uberlie? dies jedoch seinen Leuten.

Bolitho sprach ihn an:»Hast du gehort, was der Major uns zu sagen hatte, und auch, was Probyn mir eben an den Kopf geworfen hat? Ich habe dazu ein paar eigene Ideen, aber erst mochte ich wissen, was heute morgen wahrend des Angriffs vorgefallen ist. «Er dachte an den furchterlichen Schrei, der so plotzlich verstummt war.

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